Einführung

Grundlagen des E-Learning

Letztes Update: 4. Februar 2021

E-Learning: Eine Begriffsbestimmung

Hätten Sie im Jahr 1990 einen Vortrag über E-Learning gehalten, hätten die wenigsten ihrer Zuhörer etwas mit dem Begriff anfangen können. Tatsächlich wurde der Begriff in der deutschen Sprache erst gegen 1995 regelmäßig und bis zum Jahr 2016 immer häufiger verwendet (siehe Ngram Viewer). Seitdem hat der Begriff ein wenig an Popularität verloren. Nun, was ist 1995 passiert? Zu dieser Zeit hatten immer mehr Haushalte in Deutschland Zugang zum Internet und damit dem World-Wide-Web (siehe hier). Für den Unterricht bedeutete diese Technologie, dass es Lehrenden auf einmal deutlich einfacher war, Lernmaterialien online zur Verfügung zu stellen. Der Begriff E-Learning war geboren. Zwar bedeutet E-Learning nichts anderes als elektronisches Lernen, allerdings sollte man historisch eher von Lernen mit Hilfe des Internets sprechen. Und was über das Internet vermittelt wird, ist vielfältig. Daher ist E-Learning mittlerweile eher ein Sammelbegriff vieler unterschiedlicher Lehr- und Lernprodukte, die über das Internet angeboten werden. Beispielsweise können Lernende über das Internet Kurse wie CS50 belegen und sich in Informatik weiter bilden. Andere Lernende haben die Möglichkeiten mit Hilfe von Grant Sanderson und seinem YouTube-Channel 3Blue1Brown Mathematik zu lernen. Wieder andere Lernende, die nicht in den USA leben, können bei MIT OpenCourseware Seminare der renommierten MIT-Universität ansehen. Kurzum, die Angebote sind vielfältig und alle diese Lehr-/Lernprodukte würden wir als E-Learning bezeichnen. Wir werden uns daher schnell darauf einigen können, dass ein Online-Kurs ein E-Learning Produkt darstellt. Wir werden auch nicht darüber streiten, ob ein Video, welches Lernenden erklärt, wie ein Verbrennungsmotor funktioniert, als E-Learning bezeichnet werden kann. Sprechen wir allerdings auch von E-Learning, wenn eine Lernende zufällig in Wikipedia surft und sich merkt, dass der Wanderfalke das schnellste Lebewesen auf der Erde ist? Oder, setzt eine Lehrkraft, die den guten alten Tageslichtprojektor benutzt E-Learning ein?

Man ist sich nicht vollends einig. Den größten Konsens unter Forschenden findet man anhand von drei Kriterien. Erstens, E-Learning ist ein digitales Lehr- und Lernformat. Das heißt, in jedem E-Learning Produkt werden Daten durch Binärkode verarbeitet, beispielsweise durch das Internet. Jedes Smartphone, jedes Tablet und jeder E-Book Reader ist demnach digital und eignet sich für E-Learning Produkte. Eine Tageslichtprojektor fällt nicht unter dieses Kriterium, da es zwar mit Strom läuft, allerdings ohne, dass Daten digital verarbeitet werden. Zweitens ist man sich meist einig, dass zufälliges Lernen kein Kriterium von E-Learning Produkten ist. Unsere Lernende, die heraus gefunden hat, dass der Wanderfalke das schnellste Lebewesen auf der Welt ist, hat daher nicht zwingend ein E-Learning Produkt verwendet. Das dritte Kriterium wird nicht von allen ForscherInnen geteilt. Es besagt, dass E-Learning Produkte über das Internet angeboten werden. Aus gutem Grund: Noch vor 10 Jahren gab es eine Menge E-Learning Produkte, die als CD verkauft wurden. Viele Lehrbücher beispielsweise umfassten Lern-CDs. Mittlerweile sind solche Produkte allerdings selten und für die größte Mehrheit der Produkte gilt, dass sie über das Internet angeboten werden.

Vergleichen wir einmal drei Definitionen, um diese drei Kriterien deutlich zu machen. Hier eine Definition von Means (2014): "As we use the term 'online learning' refers to a learner's interaction with content and/or people via the Internet for the purpose of learning. The learning may be part of a formal course or program or simply something learners pursue for their own interests. We restrict our concept of online learning to learning that occurs with the purpose of finding out information or learning to do something, even if that something is how to play an online game. We do not include incidental learning that may occur in the process of pursuing other goals (for example, what might be learned about different products in the process of shopping). Both teacher-led instruction and resources designed to instruct without the presence of a teacher meet our definition of online learning if they are carried out over the Internet." (S. 6 - 7). Für sie werden E-Learning Produkte im Internet angeboten und sind explizit entwickelt worden, um Lernen zu fördern. Wikipedia fasst den Begriff etwas weiter und schließt zufälligses Lernen implizit mit ein: "Unter E-Learning oder Electronic Learning (englisch electronic learning „elektronisch unterstütztes Lernen“, wörtlich: „elektronisches Lernen“), auch als E-Lernen (E-Didaktik) bezeichnet, werden – nach einer Definition von Michael Kerres – alle Formen von Lernen verstanden, bei denen elektronische oder digitale Medien für die Präsentation und Distribution von Lernmaterialien und/oder zur Unterstützung zwischenmenschlicher Kommunikation zum Einsatz kommen." (Wikipedia, February 2021). Noch enger fassen Clark und Mayer (2016) den Begriff: "We define e-learning as instruction delivered on a digital device such as a computer or mobile device that is intended to support learning. The forms of e-learning we examine in this book have the following features: (1) Stores and/or transmits lessons on CD-Rom, local internal or external memory, or servers on the Internet or intranet, (2) Includes content relevant to the learning objective, (3) Use media elements such as words and pictures to deliver the content, (4) Uses instructional methods such as examples, practice, and feedback to promote learning, (5) May be instructor-led (synchronous e-learning) or designed for self-paced individual study (asynchronous e-learning), (6) Helps learners build new knowledge and skills linked to individual learning goals or to improved organizational performance." (S. 8 - 9). Für sie sind E-Learning Produkte nicht an das Internet gebunden. Ebenso betonen sie, dass sich E-Learning durch mehrere Medien auszeichnet (z.B. Texte, Bilder, Videos) und die Inhalte an Lernziele gebunden sind. Zusammengefasst können wir die drei Definitionen wie folgt kategorisieren:

MeansClarkWikipedia
Über das InternetX(X)(X)
Ziel == LernenXXX
unbeabsichtigtes Lernen--(X)
Multimedial(X)X-

In diesem Buch werden wir auf Grundlage dieser Definitionen E-Learning wie folgt definieren:

"E-Learning umfasst alle digitalen Lehr- und Lernprodukte, die explizit dazu entwickelt wurden, Lernvorgänge zu unterstützen und multimedial dargeboten werden. Unterstützen bedeutet, dass diese Produkte entweder direkt Lernumgebungen darstellen oder NutzerInnen Lehr- und Lernmaterialien in digitaler Form bereit stellen. Lernen, welches implizit (z.B. während dem Browsen im Internet) bei der Verwendung digitaler Technologien stattfindet, ist kein E-Learning."

Es gibt kein E-Learning

Zugegeben, dies ist eine sehr breite Definition. Nach dieser Definition verwenden ProfessorInnen E-Learning, wenn sie ihre Vorlesungen auf YouTube hochladen. Ebenso betreiben LehrerInnen an einer Schule E-Learning, sobald Sie Lernaufgaben auf eine Lernplattform wie Moodle hochladen. E-Learning ist daher ein ganz ähnlicher Begriff wie Demokratie. Wir kennen die Grundzüge einer Demokratie, allerdings gibt es große Unterschiede verschiedener Demokratien (beispielsweise die Wahlmänner in den Vereinigten Staaten). Der Deutungsumfang des Begriffs E-Learning ist ähnlich groß. Dennoch, in der Debatte über E-Learning wird häufig genau über diesen Begriff Urteil gesprochen. Hat E-Learing einen positiven Einfluss auf das Lernen? Führt E-Learning dazu, dass wir verdummen(siehe Colins & Halverson, 2009)? Die EnthusiastInnen betonen, dass moderne Technologien verändern wie wir denken, verändern wie wir miteinander kommunizieren und es uns ermöglichen, interaktive als auch personalisierte Lernprodukte zu entwickeln (siehe Cuban, 1986). Die KritikerInnen betonen, dass moderne Technonologien zu weniger Lernen führen, privilegierte Lernende bevorzugen und die Lehre uniformieren. Beide Seiten haben gute Argumente. Beispielsweise gibt es genug Belege dafür, dass die Nutzung digitaler Technologien während einem Vortrag dazu führt, dass sich Lernende an weniger aus dem Vortrag erinnern (Flanigan & Titsworth, 2020; Wilmer et al., 2017). Ebenso ist es nicht von der Hand zu weisen, dass vor allem privilegierte Menschen von frei verfügbaren E-Learning Kursen profitieren (Cottom, 2015). Auf der anderen Seite werden mittlerweile Lernsysteme entwickelt, die starken Gebrauch verschiedener Technologien maschinellen Lernens machen, um Lernenden Aufgaben zu geben, welchen für ihren Wissensstand optimal sind (siehe SquirrelAI). Von solchen disruptiven Technologien versprach sich Clayton Christensen, ein bekannter Wirtschaftswissenschaftler, im Jahr 2008 beispielsweise eine umfassende Veränderung des Schulwesens (Christensen et al., 2008). Oder nehmen wir Salman Khan, der Geschäftsführer der bekannten Khan-Academy. Salman Khan begann im Jahr 2004 Mathefilme auf YouTube zu stellen, welche enorm bekannt wurden. Auch hier erhoffte man sich durch den Zugang dieser Videos eine grundlegende Veränderung der Lehre (siehe Noer, 2012). Jahre später ist man allerdings zu der Feststellung bekommen, dass die Lehre nicht grundlegend verändert wurde. Noch immer empfinden Studierende viele Themen als komplex und noch immer fragen sich viele Eltern und Pädagogen, warum SchülerInnen die Schule nicht mögen und Kinder mit gesenkten Köpfen in die Klasse gehen (Willingham, 2019).

Warum also hat E-Learning bisher nicht zu einer umfassenden Veränderung der Lernlandschaft geführt oder die Bevölkerung gar verdummen lassen? Beziehungsweise, was läuft falsch an der Debatte über den Einfluss von E-Learning auf die Bildung? Ein Grund liegt darin, dass diese Debatten über E-Learning einem fundamentalem Fehlglaube unterliegen: Technologien verändert nicht wie wir lernen (Clark, 1994). Zwar heißt E-Learning wortwörtlich elektrisches Lernen, es wäre allerdings ein Misserständnis, wenn wir davon ausgingen, dass unser kognitiver Apparat anders arbeitet, wenn wir einen Online-Kurs belegen. Alle gängigen Modelle des Lernens gehen davon aus, dass Menschen lernen, indem Sie Informationen in einem begrenzten Arbeitsspeicher verarbeiten und diese Informationen mit ihrem Vorwissen verbinden (siehe Baddeley, 2003; Sweller et al., 2019). Wenn du beispielsweise ein Buch liest, verarbeitest du die Informationen aus dem Buch durch deine Sinnesorgane und kannst dir durch dein Wissen über die Inhalte des Buches und deine Lesefähigkeiten ein Bild über den Text machen. Liest du den gleichen Text über eine Webseite, ändert sich nicht die Verarbeitung dieser Informationen, sondern wie du diese Informationen aufnimmst (in diesem Fall über einen Bildschirm statt einem Papier). Würden wir anhand der aktuellen Gedächtnismodelle daher beschreiben, wie Lernende aus Texten lernen, sollte das Medium keinen Unterschied machen.

Belege für diese These gibt es mittlerweile zuhauf. Kern dieser These ist der sogenannte Replacability Test von Richard Clark (1994, siehe auch Clark & Mayer, 2016, S. 12). Der Replacability Test besagt, dass Medien keinen Einfluss auf das Lernen haben. Clark wagt folgende Wette: Unter der Bedingung, dass man die Didaktik beim Lernen mit oder ohne ein bestimmtes Medium konstant hält, wird man keine Effekte für oder gegen dieses Medium finden. Stell dir beispielsweise vor, du testest, ob ein E-Learning Kurs effektiver ist als eine Präsenzveranstaltung. Beide Lehrformen bekommen den gleichen didaktischen Aufbau: Die gleichen Fragen, die gleiche Instruktion, die gleichen Prüfungsmethoden. Nach Clark sollten beide Lernumgebungen zum gleichen Lernerfolg führen:

[Researchers should] find evidence, in a well designed study, of any instance of a medium or media attributes that are not replaceable by a different set of media and attributes to achieve similar learning results for any given student and learning. This replaceability test is the key to my argument since if a treatment can be replaced by another treatment with similar results, the cause of the results is in some shared (and uncontrolled) properties of both treatments [Medien]" (Clark, 1994, S. 22)

Schaut man sich die bisherigen Forschungsergebnisse zu dieser Frage an, hatte Richard Clark recht. Zwar finden umfassende Studien häufig ein leicht positives Ergebnis digitaler Lernformate, allerdings wurde die Didaktik der Lernumgebungen nicht immer konstant gehalten und folgen daher nicht der Logik des Replacability Tests. Die leicht positive Tendenz der Wirksamkeit von E-Learning Produkten könnte ebenso daran liegen, dass die bisherigen Studien einem sogenannten Publication Bias unterliegen (Francis, 2012), das heißt, dass Studien, welche keinen Unterschied gefunden haben, weniger häufig veröffentlicht wurden. Hierdurch könnte die Wirksamkeit von E-Learning überschätzt sein. Tamin et al. (2011) beispielsweise untersuchten in ihrer Meta-Meta-Analyse, ob die Verwendung von E-Learning Produkten im Unterricht effektiver ist als herkömmlicher Unterricht ohne E-Learning Produkte. Insgesamt 25 Meta-Analysen wurden in der Studie aufgenommen, welche sich aus 1055 Studien zusammen setzten. Sie fanden einen signifikanten Effekt von d = 0.35 (kleiner Effekt) zu Gunsten von E-Learning Produkten. Allerdings stellten Tamin und Kollegen fest, dass die Effekte sehr stark streuen. Es gab viele Studien die keine oder negative Effekte gefunden haben aber auch Studien, die hohe Effekte gefunden haben. Bernard et al. (2014) untersuchten in einer Meta-Analyse inwieweit Blended-Learning Formate, das heißt Lernumgebungen mit Präsenz- und Online-Lehre, effektiver für das Erlernen von Fachwissen ist als reine E-Learning Produkte ohne Präsenzlehranteil. Die Meta-Analyse umfasste 117 Studien. Sie fanden einen positiven Effekt für Blended Learning Formate (g+ = 0.33). Dieser Effekt ist ebenso klein bis mittel. Auf Grundlage des Ergebnisses sollte man daher vorsichtig sein, zu übergeneralisieren. Erneut streuen die Effekte sehr stark um den Nullpunkt: "We might surmise from this that the effects of technology integration in higher education, whether into full face-to-face classrooms or in distributed venues in the case of the blending of CI and online instruction, is effective to a modest but significant degree." (S. 116). Sitzman et al. (2006) untersuchten die Effektivität von web-basierten E-Learning Produkten im Vergleich zu herkömmlicher Präsenzlehre. Sie fanden einen positiven Effekt der E-Learning Produkte. Studierende, die mit web-basierten E-Learning Produkten arbeiten, schnitten bei Tests zum deklarativen Wissen 6% besser ab als Studierende in herkömmlichen Präsenzveranstaltungen. Ein interessanter Befund war, dass die Effekte beider Lehrformate (E-Learning vs. Präsenzlehre) gleich waren, wenn die instruktionale Methode zwischen den beiden Lehrformaten konstant gehalten wurde. Dieses Ergebnis bestätigte damit den Replacability Test von Clark. Tallent-Runnels et al. (2006) schrieben im Vergleich zu den vorherigen Studien keine Meta-Analyse, sondern ein Review. Das bedeutet, sie fassten die bisherigen Ergebnisse zur Effektivität von E-Learning Produkten nicht anhand statistischer Methoden, sondern rhetorisch zusammen. Im Hinblick auf den Lernerfolg kamen die Autoren zu dem Schluss, das E-Learning weder effektiv noch ineffektiv ist. Wie bei Tamin et al. (2011) sind die Ergebnisse sehr heterogen und lassen dadurch keine klare Schlussfolgerung zu: "Not surprisingly, students in well-designed and well-implemented online courses learned significantly more, and more effectively, than those in online courses where teaching and learning activities were not carefully planned and where the delivery and accessibility were impeded by technology problems. This finding challenges online instructors to design their courses in accordance with sound educational theories. An even bigger challenge to education researchers is to further investigate the features of online teaching that will most benefit students" (Tallent-Runnels et al., 2006, S. 116). Means et al. (2013) untersuchen in ihrer Meta-Analyse, inwieweit Lernende in E-Learning Kursen besser lernen als in Präsenzveranstaltungen. Hierzu untersuchen sie 45 Studien mit 50 Effekten. Lernende, die E-Learning Kurse besuchten schnitten leicht besser bei lernrelevanten Tests ab als Lernende, die herkömmlichen Unterricht erhielten. Die Effekte zeigten, dass Blended Learning Formate im Vergleich zur Präsenzlehre effektiver waren (g+ = 0.35) als reine E-Learning Kurse (g+ = .20). Erneut streuten die Ergebnisse, so dass die Effekte zwar auffindbar sind, allerdings es auch genug Studien gibt, die negative Effekte zeigen.

Ein Bild, welches sich eignet diese Ergebnisse zusammen zu fassen ist die Leinwand eines Künstlers oder einer Künstlerin. Die meisten E-Learning Produkte zeichnen sich dadurch aus, dass Lernende Informationen über einen zweidimensionalen Bildschirm erhalten. Ganz ähnlich malen KünstlerInnen auf eine zweidimensionale Leinwand. Was auf die Leinwand bzw. den Bildschirm präsentierbar ist, geht in das Unendliche. Jede/r KünstlerIn kann unzählige Landschaften malen. Jede/r Instruktional DesignerinIn kann unzählige Kurse zu einem Thema entwickeln. Wie schön ein Bild aussieht bzw. wie lernförderlich ein E-Learning Produkt ist, bestimmt daher nicht das Medium, sondern die SchöpferInnen dieser Produkte. E-Learning gibt es in diesem Sinne daher gar nicht, sondern lediglich Lernumgebungen, die über digitale Geräte angeboten werden und uns besser oder schlechter darin unterstützen, uns Dinge anzueignen. Ein gutes E-Learning Produkt ist daher ein Produkt, welches die Möglichkeiten und Grenzen des menschlichen Lernens beachtet. Die zentrale Frage des E-Learning sollte daher lauten: Wie können wir die technischen Möglichkeiten ausnutzen, um Menschen beim Lernen mit digitalen Geräten optimal zu unterstützen (Mayer, 2019)? Allerdings werden wir im Verlaufe dieses Buches sehen, dass das Medium nicht vollkommen egal ist. Beispielsweise verläuft die Kommunikation über Videochats anders als Gespräche, in denen man sich gegenüber sitzt. Ein/e StudentIn kann in einem Videochat seinen Ton auf stumm schalten und dennoch laut reden, ohne das jemand im Kurs ihn oder sie hört. In der Präsenzlehre ist dies nicht möglich. Jedes Medium hat daher gewissen Beschränkungen und Angebotscharakteristika, die wir bei der Entwicklung von E-Learning Produkten beachten sollten (siehe Normal, 2013).

Typen von E-Learning

Wenn E-Learning also ein zu allgemeiner Begriff ist und wir vielmehr darüber sprechen sollten, wie digitale Medien am besten für Lernumgebungen eingesetzt werden können, müssen wir darüber sprechen, welche Typen an E-Learning Produkte es gibt. Viele der Begriffe überlappen sich und sind daher nicht ganz trennscharf. Historisch haben sich allerdings ein paar zentrale Begriffe etabliert.

Web-Based Trainings

Web-based Trainings (WBT) sind für das Web aufbereitete Kurse. Die meisten Produkte von E-Learning Agenturen werden in Form von WBTs angeboten. Der Vorläufer von WBTs waren Computer-Based Trainings (CBT). Seit den letzten zehn Jahren sind allerdings WBTs beliebter, da sie die Verbreitung der E-Learning Produkte über das Web einfacher machen. Die Einbindung von Kursen in das Web ermöglichte in den letzten 20 Jahren neue Möglichkeiten: Chats, Foren, E-Mail Kommunikation, Upload von Unterrichtsmaterialien, Einbindung von Videos. WBTs ermöglichen daher eine stärkere Kommunikation zwischen Lernenden und Dozierenden als CBTs. WBTs dienen vor allem der Vermittlung von Fachwissen. Zudem sind WBTs selten frei zugänglich. Da die meisten WBTs von E-Learning Agenturen entwickelt werden, die von Firmen bezahlt werden, haben nur berechtigte NutzerInnen Zugang zu diesen Kursen. Erstellt werden WBTs in der Regel durch spezielle Softwares, sogenannte Autorentools. Bekannte Autorentools sind Captive oder Articulate Storyline. Die Begriffe der WBTS und CBTs werden allerdings in den letzten Jahren weniger häufiger genutzt (siehe hier). WBTs waren vor allem Anfang der 00er Jahre populär. Mittlerweile spricht man eher von MOOCs oder Online Learning.

Open Courseware

Noch vor wenigen Jahren war es nicht möglich, Videos über das Web darzustellen. Browser beispielsweise begannen erst im Jahr 2006 damit, Videos als eine Technologie des Webs einzuführen (siehe Wikipedia). Es war daher erst in den letzten 12 Jahren technologisch möglich, Videos in E-Learning Kurse einzubinden. Im Zuge dieser Entwicklung begannen Universitäten, ihre Präsenzkurse in das Internet hochzuladen (z.B. MIT). Open Coursewares (OCWs) waren geboren. Open Coursewares (OCW) sind Web-Plattformen, die Lernenden frei zugänglich Kurse von meist renommierten Universitäten anbieten. Die Kurse umfassen Videoaufzeichnungen von Seminaren und Vorlesungen sowie das begleitende Material dieser Veranstaltungen (z.B. Literatur, Prüfungen). Durch die Möglichkeit, Kursmaterialien online zur Verfügung zu stellen, hatte die Open Courseware Bewegung das Ziel, Bildung zu demokratisieren, sprich für alle Personen mit einem Internetzugang frei zugänglich zu machen (mehr Informationen). OCWs waren daher von vornherein so konzipiert, dass sie frei zugänglich sind und keine Nutzerrechte benötigen. Das Ziel war nobel: "Both the OCW and OER movements derive their energy from a growing commitment to open and accessible knowledge and information, reflected in the ideal of a knowledge commons. From such a perspective, existing knowledge and information should be freely available to serve the commonweal. Seen in this light, open access to knowledge and information is recognized as a basic human right. Ahrash Bissell put it quite succinctly: ‘‘Knowledge can and should be free.’’" (Rhoads, Berdan, & Toven-Lindsey, 2013, S. 89). Im Jahr 2008 wurden bereits in etwa 6500 Kurse über OCW Initiativen angeboten und von über 2 Millionen NutzerInnen besucht (Carson, 2009). Der offene Zugang zu diesen Kursen führte allerdings nicht dazu, dass diese Kurse die Bildung demokratisierten (Lane, 2009). Vielmehr erreichen offene Bildungsformate häufig nur einen Bruchteil der Lernenden und häufig nicht diejenigen, welche am meisten davon profitieren würden.

Open Educational Resources

Neben der Initiative der Open Courseware, welches es sich zum Ziel gemacht haben, Seminare und Vorlesungen für alle NutzerInnen über das Web frei zugänglich zu machen, verfolgen die Open Educational Resources (OERs) das Ziel, Lehr- und Lernmaterialien NutzerInnen frei zugänglich zu machen. Nach Hylén (2005) zählen zu Open Educational Resources offene Kurse und Kursinhalte, offene Lehr- und Lernmaterialien, offene Softwaretools (z.B. LMS) und offene Kurse. Open Coursewares sind daher eine Art von Open Educational Resources. Ähnlich wie die Open-Courseware-Bewegung war ein erklärtes Ziel der Open Educational Resources die Demokratisierung der Bildung. Dieser Wunsch geht auf eine Initiative der UNESCO aus dem Jahre 2002 zurück. Beispielsweise erhoffte man sich, dass Lehrkräfte auf der ganzen Welt Zugang zu exzellenten Unterrichtsmaterialien erhalten und damit nicht nur eine Zeitersparnis ermöglichen, sondern es Lehrkräften ebenso einfacher machen, rechtlich bedenkenfreie Materialien zu finden. Stell dir eine Geschichtslehrkraft vor, welche für die Folgewoche ein Arbeitsplatz zum Thema Wasserstoffbrückenbindungen benötigt. Open Coursewares ermöglichen es dieser Lehrkraft, Arbeitsblätter zu finden und für den eigenen Unterricht anzupassen. Ein interessanter Befund aus der Lernforschung zu OERS kam von Hilton III (2016), welcher zeigen konnte, dass die Verwendung von frei zugänglichen Lehrbüchern zu gleichen Lernergebnissen als kommerzielle Lehrbüchern führen und zudem deutlich günstiger sind.

MOOCs

Der junge Bruder der Open Coursewares sind MOOCs. Die Geburtsstunde dieser Kursformate geht unter anderem auf einen Kurs aus dem Jahre 2011 zurück. In diesem Jahr boten Sebastian Thrun und Peter Norvig, zwei bekannte Forscher im Bereich der künstlichen Intelligenz, einen Kurs über künstliche Intelligenz über das Internet an (siehe Zeit.de; Ackermann, 2011). Die ForscherInnen schickten eine Mail heraus, über die man sich für den Kurs anmelden konnte und über 160.000 Lernende meldeten sich an. Inhaltlich bestand der Kurs aus Videos und Quizfragen und war relativ ähnlich zu der gleichen Präsenzveranstaltung, welche an der Stanford Universität angeboten wurde. Andere Universitäten folgten und die Kurse erhielten einen Namen: MOOCs. MOOC ist ein Akronym für folgende Eigenschaften eines Kurses:

  • Massive (M): Es nehmen Tausende Lernende an den Kursen teil.
  • Open (O): Jeder kann an den Kursen teilnehmen, unabhängig von vorherigen Bildungszertifikaten.
  • Online (O): Die Kurse werden online über das Web angeboten.
  • Courses (C): Es handelt sich um Kurse, welche der Vermittlung von Fachwissen dienen. Die Kurse sind meist in Module aufgeteilt und dauern mehrere Wochen.

Da MOOCs für tausende Lernende konzipiert sind und daher technisch aufwendig umzusetzen sind, gab es in den letzten Jahren ein paar wenige Anbieter die den Markt beherrscht haben: Udacity, edX und Coursera. edX beispielsweise bot im Jahr 2012 den Kurs Circuits and Electronics (6.002.x) an, an dem über 60.000 Lernende teilnahmen (Breslow et al., 2013). Ein Charakteristikum der Lernenden in diesen Kursen ist, dass Sie in der Regel bereits einen Hochschulabschluss erworben haben und zwischen 25 und 40 Jahre alt sind (Christensen et al, 2014): "The student population tends to be young, well educated, and employed, with a majority from developed countries. There are significantly more males than females taking MOOCs, especially in developing countries. Students’ main reasons for taking a MOOC are advancing in their current job and satisfying curiosity." (Christensen et al, 2014, S. 1). Es gibt eine Vielzahl an didaktisch herausragenden Kursen, allerdings auch viele Kurse, die diesen Anspruch nicht halten können (Margaryan, Bianco, & Littlejohn, 2015). Margaryan und Kollegen untersuchten beispielsweise 76 MOOCs anhand der First Principles of Instruction. Wenige Kurse aktivierten die Lernenden, unterstützten die Lernende das neue Wissen an ihr bestehendes Vorwissen anzuknüpfen oder demonstrierten das neue Wissen. Ein typisches Phänomen von MOOCs war seit jeher die hohe Abbruchquote (Kloft et al., 2014). Obwohl tausende Studierende MOOCs beginnen, ist es häufig nur ein Bruchteil, der die Kurse auch abschließt. Für die meisten Kurse lag die Abbruchquote bei über 87 % (Onah & Boyatt, 2014). Der Grund für diese hohe Abbruchquote liegt vermutlich an der Tatsache, dass die Kurse Open sind. Viele Lernende beginnen einen Kurs aus Interesse, ohne jedoch den Wunsch zu haben, den Kurs abzuschließen. Kurzum, MOOCs konnten bisher nicht das Versprechen erfüllen, welches sie sich selbst gesetzt haben. Die Bildung grundlegend zu revolutionieren. Das Business-Modell dieser Kurse hat sich in den letzten Jahren zudem geändert. Waren die Kurse zu Beginn frei zugänglich, bieten MOOC-Anbieter immer stärker Kurzabschlüsse an, welche teils nicht wenig Geld kostet. Udacity beispielsweise bietet sogenannte Nanodegrees an, welche meist mehrere Monate dauern und technisches Wissen vermitteln. Ebenso hat Udacity mittlerweile ein starkes B2B-Modell und kooperiert mit Firmen, um deren MitarbeiterInnen auszubilden. Ähnliche Entwicklungen findet man bei konkurrierenden Anbietern wie edX (Konrad, 2017).

Nichtsdesotrotz, MOOCs haben es Millionen Lernenden ermöglicht, zahlreiche Kurse nach ihren Interessen zu belegen und sich persönlich weiterzubilden. Der Trend geht dorthin, dass Lernende ihre Fähigkeiten zukünftig nach Bedarf und kostenpflichtig mit diesen Kursen ausbauen können. MOOCs werden daher zu einer der Triebfedern der Weiterbildung in der Arbeitswelt.

Lernmanagementsysteme (LMS)

Lernmanagementsysteme (LMS) sind dynamische Webseiten, die der Bereitstellung von Lehr- und Lernmaterialien dienen. Unter anderem erfüllen LMS folgende Funktionen:

  • Kommunikationsplattform zwischen Dozierenden und Lernenden
  • Bereitstellung von Lernmaterialien für die Lernenden
  • Upload von Lernmaterialien zur Einsicht der Dozierenden
  • Einbindung von E-Learning Kursen
  • Speicherung und Rückmeldung relevanter Lernendendaten (z.B. Matrikelnummer, Abgaben)
  • Einbindung von Aufgaben, Quizzes

Um diese Funktionen zu erfüllen, gibt es in jedem LMS eine Benutzerverwaltung. Je nach Nutzerrecht kann man unterschiedliche Funktionen im LMS bedienen. Beispielsweise haben Dozierende in einem LMS die Möglichkeiten, Unterrichtsmaterialien hochzuladen, nicht aber Lernende. Gebräuchlich sind LMS in größeren Institutionen (z.B. Schulen, Universitäten, Unternehmen). Sie fungieren als die zentrale Plattform, in der Lehr- und Lernmaterialien gebündelt werden. Beispiele für LMS sind Moodle, Ilias, Canvas, Open edX, Blackboard, oder Desire2Learn. Der Marktumfang dieser Systeme ist beträchtlich. Blackboard zum Beispiel wird in ~ 1100 Instituten mit über 6 Millionen NutzerInnen angewandt (EdTech, Oktober 2018). Das Marktvolumen von LMS ist in den letzten 9 Jahren zudem beträchtlich gestiegen. Im Jahr 2018 betrug der Marktwert von LMs weltweit 7.8 Milliarden US-Dollar, ein Anstieg von ~ 5 Milliarden über die letzten fünf Jahre (siehe Statista).

Blended Learning

Blending heißt so etwas wie Mischen und bedeutet im E-Learning, dass E-Learning Einheiten mit der Präsenzlehre vermischt werden. Ein Blended-Learning Kurs ist daher ein Kurs, welcher beides beinhaltet. Phasen, in denen die Lernenden online lernen und Phasen, in denen man gemeinsam in einem Klassenraum sitzt. Der Begriff wurde erst in den 00er Jahren populärer. Ein Beispiel für ein Blended-Learning Kurs wäre ein Kurs, bei dem Lernende mit Hilfe von Web-Based Trainings auf eine Präsenzsitzung vorbereitet werden. Ein anderes Beispiel wäre die Verwendung eines Lernmanagementsystems in Begleitung zu einem Präsenzkurs. Lernende erhalten über das LMS ihre Lernmateralien (z.B. Texte) und behandeln den Lernstoff in der Präsenzveranstaltung. Da der E-Learning Markt stetig steigt, ist es gut möglich, dass der Begriff Blended Learning in den nächsten Jahren obsolet wird, schließlich könnten die meisten Lehrangebote in irgendeiner Form über Blended Learning Formate angeboten werden (siehe Graham, 2006; Hrastinski, 2019).

Webinare

Ein Webinar ist ein Seminar / ein Vortrag, der live über das Web angeboten wird (siehe dieses Beispiel). Während Screencasts lediglich die Kommunikation von Dozierenden zu Lernenden ermöglichen, geht die Kommunikation in Webinaren in beide Richtungen. Lernende können mit den Dozierenden kommunizieren und Dozierende können mit Lernenden kommunizieren. Lernende in Webinaren sehen in der Regel entweder live eine Aufnahme der Lehrperson oder eine Bildschirmübertragung des Dozierenden.

Intelligent Tutoring Systems

Alle E-Learning Produkte, die wir bisher kennen gelernt haben, sind nicht sonderlich intelligent. Sie stellen Lehr- und Lernmaterialien zur Verfügung, gehen aber nicht auf die Lernenden ein (z.B. deren Vorwissen). Intelligent Tutoring Systeme (ITSs) versuchen genau dies zu erreichen (hier ein Video mit mehr Informationen). Es handelt sich um Computerprogramme, die adaptiv auf Nutzereingaben reagieren und die Übungen und Instruktionen den Nutzereingaben anpassen. Tutoring wird seit spätestens dem berühmten Paper von Bloom (1984) als effektive Lehrmethode angesehen, um Lernende beim Erwerb von Wissen zu unterstützen. Tutoring zeichnet sich dadurch aus, dass es sich um eine 1 zu 1 Situationen zwischen einem Tutee und einem Tutor handelt. Der Tutor stellt dem Tutee fragen und reagiert adaptiv auf die Antworten des Tutees mit dem Ziel, dem Tutee beim Aufbau der Lerninhalte zu helfen (siehe auch VanLehn, 2011). Ein bekanntes Beispiel für ein Intelligent Tutoring System ist AutorTutor, welches umfassend wissenschaftlich untersucht wurde (siehe Video zu AutoTutor). Ma et al. (2014) definieren Intelligent Tutoring Systeme wie folgt:

  • ... präsentieren Lernenden das Lernmaterial
  • ... geben Lernenden Aufgaben und Übungen
  • ... geben Lernenden Feedback zu diesen Übungen
  • ... beantworten Fragen der Lernenden
  • ... geben Hinweise zur Bearbeitung der Übungen
  • ... erstellen ein Modell des Lernenden
  • ... nutzen das Modell, um adaptiv Feedback zu geben

Die Forschungslage zu Intelligent Tutoring Systems zeigt, dass diese im Vergleich zu digitalen Lehrangeboten ohne Tutoring sehr effektiv sind. ITSs erlangen Effektstärken von 0.40 bis 0.76 im Vergleich zu digitalen Lehrangeboten ohne Tutoring (VanLehn, 2011). Ähnlich erfolgreiche Ergebnisse konnten auch Koedinger und Anderson (1997) in einer ökologisch validen Studie an Schulen finden. In der Studie von Ma et al. (2004) wurde untersucht, wie effektiv Intelligente Tutoring Systeme im Vergleich zu herkömmlichen lehrerzentrierten Präsenzsitzungen und herkömmlichen E-Learning Produkten sind. Die Autoren untersuchten 107 Effekte von 14321 Lernenden. Im Vergleich zu lehrerzentrierter Präsenzlehre waren Intelligente Tutoring Systeme effektiver (g = .42); ebenso waren Intelligent Tutoring Systeme effektiver als herkömmliches E-Learning (g = .57). Weiterhin konnten die Autoren zeigen, dass ITSs äquivalent zu Tutoring ist (g = -.11). ITSs sind auf dem Hintergrund dieser Ergebnisse eine Besonderheit unter den E-Learning Produkten, da sie konsistent positive Effekte zeigen. Nur wenige ITSs sind weniger effektiv als herkömmliche Lehrformate. Trotz dieser Ergebnisse sieht die Realität häufig mager aus. Baker (2016) zeigt, dass viele Intelligent Tutoring Systeme in der Praxis einfach gestrickt sind: "But here, despite the decades of work on knowledge modeling, and the intense competition between approaches seen in published papers [...] the approaches used in practice are largely fairly simple" (Baker, 2016, S. 601). Baker schlägt vor, dass Intelligent Tutoring Systeme gar nicht so intelligent sein müssen, um effektiv zu sein. Was es braucht, sind intelligente Menschen, die auf Grundlage der Daten der NutzerInnen den Lernenden weiter helfen können: "Envision that we design a system, with relatively simple interactions with students. A student is posed a mathematics problem. They can answer it, or request a hint. If they ask for a hint, they get a pre-defined set; if they make a wrong answer, they get a message telling them why they are wrong, or perhaps a scaffolding problem that helps them with a key step towards the answer. They keep working on math problems for the current skill, until they can get three in a row right. And the next morning, their teacher can look up which problems they and their classmates got right and wrong." (Baker, 2016, S. 603). Dennoch ist zu erwarten, dass Intelligent Tutoring Systems ihre Nische finden werden, insbesondere in E-Learning Produkten, welche für die Masse angeboten werden und damit große Daten erzeugen.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die eben beschriebenen Typen unterschieden sich anhand verschiedener Kriterien. Beispielsweise sind nicht alle der vorgestellten E-Learning Typen frei zugänglich. MOOCs haben häufig einen kostenfreien Zugang, verlangen allerdings Geld für ein Zertifikat. Web Based Trainings sind meist nicht frei zugänglich, da sie von Agenturen erstellt werden, die mit den Kursen Geld verdienen. Ebenso sind nicht alle Typen direkt Lernumgebungen. Lernmanagementsysteme werden meist dafür benutzt, Lernunterlagen online zu stellen und zeigen wenige Charakteristika von Lernumgebungen (z.B. modularer Aufbau, verschiedene Formen der Instruktion bzw. Übungsaufgaben). Open Educational Resources können wiederum eher als Ressource für Lehrende und Lernende verstanden werden. Fassen wir daher die Eigenschaften dieser Typen kurz zusammen:

Freier ZugangLernumgebungRessource
Web Based Training-X-
MOOC(X)X-
Lernmanagementsystem--X
Open Courseware(X)X-
Blended Learning-X-
Intelligent Tutoring System-X-
Open Educational ResourcesX(X)X
Webinar(X)X-

Fast alle Typen werden zudem mittlerweile über das Web angeboten. Lediglich Intelligent Tutoring Systeme, Open Educational Resources und Blended Learning Formate werden teilweise als native Softwares auf einem Betriebssystem oder als Präsenzlehre angeboten. Wenige dieser Typen bieten zudem eine synchrone Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden an. Synchron bedeutet, dass beide Seiten gleichzeitig miteinander kommunizieren können.

WebanwendungSynchrone Kommunikation
Web Based TrainingX-
MOOCX-
LernmanagementsystemX-
Open CoursewareX-
Blended Learning(X)(X)
Intelligent Tutoring System(X)X
Open Educational Resources(X)-
WebinarXX

Der E-Learning Markt

E-Learning EntwicklerInnen werden es in der Zukunft nicht schwer haben, einen Beruf zu finden. Insbesondere die aktuelle Corona-Krise hat Unternehmen deutlich gemacht, wie wichtig eine flexible Weiterbildung über digitale Lernformate ist. Das belegen auch die Zahlen. Der E-Learning Markt wächst. Im Jahr 2025 wird vorhergesagt, dass in etwa 325 Milliarden Dollar mit E-Learning weltweit umgesetzt wird (siehe Forbes). Andere Zahlen sprechen von 398 Milliarden im Jahr 2026 und 176 Milliarden im Jahr 2017 (siehe Reuters). Im Jahr 2015 waren es noch ~ 107 Milliarden Dollar Umsatz. Im Vergleich, der Umsatz der Filmindustrie beträgt momentan in etwa 286 Milliarden US Dollar. Dies entspricht dem Umsatz, den Apple momentan pro Jahr macht (258 Milliarden). E-Learning ist daher bereits jetzt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Die größten Wachstumsraten im E-Learning Bereich finden momentan in Indien und China statt. Dort wächst der E-Learning Sektor um jährlich 50 %. Weltweit wächst der E-Learning Markt um 9.2 % jährlich. Dass E-Learning ein großes Business ist, sieht man daran, dass LinkedIn im Jahr 2015 Lynda, einer der größten E-Learning Plattformen, für 1,5 Milliarden Dollar gekauft hat. Linda hat momentan in etwa 350 Millionen NutzerInnen. Das Wachstum des E-Learning Sektors, erkennt man ebenso an den Zahlen der großen E-Learning Anbieter. Die drei größten MOOC-Anbieter Udacity, edX und Coursera haben Millionen Lernende: Coursera beispielsweise hat 37 Millionen registrierte NutzerInnen, edX 18 Millionen, XuetanxX 14 Millionen, Udacity 10 Millionen und FutureLearn 8.7 Millionen (siehe hier). Tatsächlich vergrößern diese Firmen Ihre Einnahmen über die Jahre fast linear. Udacity hat momentan einen Umsatz von 90 Millionen, edX 60 Millionen und Coursera 140 Millionen. Gleichzeitig steigt die Anzahl der Kurse linear über die Jahre. Ein anderes bekanntes Beispiel ist Duolingo, welches 700 Millionen Dollar wert ist. Der Umsatz von Duolingo beträgt 36 Millionen. Zudem wachsen unter den MOOCs die Anzahl der AbsolventInnen. Udacity verzeichnete im Jahr 2019 33,649 AbsolventInnen ihrer kostenpflichtigen Nanodegrees (siehe hier). Die KhanAcademy hat mittlerweile 71 Millionen NutzerInnen, darunter 1.5 Millionen aktive NutzerInnen. Mit in etwa 27.000 Videos umfasst die KhanAcademy einer der größten Sammlung instruktionaler Videos. Beispielsweise haben sich in den USA 2.3 Millionen NutzerInnen bereits KhanAcademy genutzt, um sich für ihren SAT vorzubereiten. Udemy wiederum hat in etwa 20 Millionen NutzerInnen.

Die Trends der Begriffe Online Learning und E-Learning zeigen, dass beide Begriffe in den letzten Jahren ein wenig seltener erwähnt werden. Im Deutschen ist der Begriff E-Learning etwas geläufiger als Online Learning, während weltweit Online Learning geläufiger ist (siehe hier). Diese Trends zeigen allerdings nur, dass die Begriffe in der Websuche leicht abgenommen haben. Den Bedarf nach E-Learning schmälern diese Fakten nicht. Zum einen, da die Ausbildung von Menschen nicht nur aus idealistischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen ein hohes Gut ist. Beispielsweise zeigt die Forschung von Psacharopoulus und Patrinos, 2004, Hanushek und Woessmann (2008), Haushek and Woessmann (2010), Hanushek et al. (2015), sowie Card (1999), dass die Höhe der Ausbildung von Menschen einen positiven Effekt auf das Wachstum eines Landes hat. Kurzum "What people know matters" (Hanushek & Woessmann, 2008, S. 251). Einen wichtigen Beitrag hat hierbei der tertiäre Sektor. ArbeitnehmerInnen müssen fortwährend weiter ausgebildet werden. Unterstützt wird diese Annahme, durch die Tatsache, dass der tertiäre Bildungssektor in Deutschland in den letzten Jahrzehnten stetig angestiegen ist. Aktuell nehmen in Deutschland fasst 60 % der Bevölkerung an tertiärer Bildung teil. Insgesamt befinden sich Deutsche im Schnitt 17 Jahre in Bildungsinstitutionen. Allerdings gibt Deutschland seit 1995 in etwa gleich viel Prozent für Bildung aus wie im Jahre 2018. In etwa 4.1 % (siehe hier). Andere Zahlen sprechen von 5,3 %.

Auf dem deutschen Markt liefert der jährliche mmb Branchenmonitor E-Learning Wirtschaft verlässliche Zahlen über die Entwicklung der E-Learning Branche in Deutschland. Im letzten Bericht des Jahres 2020 wurden 40 Deutsche Unternehmen befragt (siehe hier). Der Bericht zeigt, dass der E-Learning Markt seit 2007 stetig gewachsen ist. Im Jahr 2019 allerdings ist der Markt seit längerem deutlich geringer gewachsen (~ 4%). Insbesondere die größten Unternehmen teilten sich diesen Umsatzgewinn. Das größte Geschäftsfeld ist aktuell der Verkauf von E-Learning Kursen (~ 40%) und der Verkauf von E-Learning Tools (beispielsweise Lernmanagementsysteme) (~ 24%). In etwa 65% der Kurse werden maßgeschneidert entwickelt. Ein weiterer Beleg für den Wachstum des E-Learning Marktes ist, dass seit 2007 die Festanstellungen stetig gestiegen sind. Fachkräfte im E-Learning werden daher stetig gesucht. Nur ~ 10% der MitarbeiterInnen sind allerdings mit der inhaltlichen Entwicklung der Kurse vertraut. 33% der Angestellten sind in der Kundenberatung und der Verwaltung beschäftigt.

Zusammenfassung

Wir haben in diesem Modul einen Rundumschlag über das Thema E-Learning gemacht. Zwei Dinge sind uns dabei aufgefallen. Zum einen haben wir gesehen, dass E-Learning ganz verschiedenes bedeuten kann. Wir haben gelernt, dass das Medium Computer keinen direkten Einfluss auf Lernprozesse hat. Hält man die didaktische Gestaltung zwischen einem E-Learning Kurs und einer Präsenzveranstaltung gleich, erzielt man in der Regel ähnliche Lernergebnisse. Für Instructional DesignerInnen bedeutet dies, dass wir uns nicht auf das Für und Wider digitaler Medien konzentrieren sollten, sondern deren dessen Implementation. Sprich, wie kann ein bestimmtes digitales Lernprodukt am besten eingesetzt werden, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Wir haben ebenso gelernt, welche E-Learning Typen es gibt und dass der Markt in den letzten Jahren stetig gewachsen ist. Zwar entspricht der Umsatz nicht der Automobilindustrie, dennoch steigt er stetig, genauso die Festanstellungen in der Branche.

Weiterführende Literatur

Einführende Literatur

Means, B., Bakia, M., & Murphy, R. (2014). Learning online: What research tells us about whether, when and how. Routledge.

Reich, J. (2020). Failure to disrupt. Why technology alone can't transform education. Harvard University Press.

Suomala, J., & Shaughnessy, M. F. (2000). An interview with Richard E. Mayer: about technology. Educational Psychology Review, 12(4), 477-483. https://www.jstor.org/stable/23363563

Fachliteratur

Clark, R. E. (1994). Media will never influence learning. Educational Technology Research and Development, 42(2), 21-29. https://doi.org/10.1007/BF02299088

Cook, D. A., & McDonald, F. S. (2008). E-learning: is there anything special about the "E"?. Perspectives in Biology and Medicine, 51(1), 5-21. https://doi.org/10.1353/pbm.2008.0007

Mayer, R. E. (2019). Thirty years of research on online learning. Applied Cognitive Psychology, 33(2), 152-159. https://doi.org/10.1002/acp.348

Reiser, R. A. (2001). A history of instructional design and technology: Part I: A history of instructional media. Educational Technology Research and Development, 49(1), 53-64.

Reiser, R. A. (2001). A history of instructional design and technology: Part II: A history of instructional design. Educational Technology Research and Development, 49(2), 57-67.